- 1.000 Zuhörer sind begeistert
- Margot Käßmann beeindruckt
- Forum Windhagen ausverkauft
9. Raiffeisenforum war ein voller Erfolg
Forum Windhagen ausverkauft - Margot Käßmann beeindruckt Ihr Publikum
Ein Besuch bei den Kundenveranstaltungen Ihrer Raiffeisenbank Neustadt eG lohnt sich - das zeigt besonders beeindruckend das Raiffeisenforum am 6. Oktober 2015.
Margot Käßmann zu Besuch in Windhagen
"Eine Bereicherung für unsere Gesellschaft"
WINDHAGEN. Vollbesetzt war das Windhagener Forum. Das lag nicht in erster Linie daran, dass die beiden Vorstände der Raiffeisenbank Neustadt-Wied, Konrad Breul und Martin Leis, dorthin zu Neuwahlen der Vertreterversammlung eingeladen hatten, um die jüngsten Bilanzen der Bank zu präsentieren.
Erfahren wollten die Besucher vielmehr von der Gastrednerin Margot Käßmann, der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD), "Was wirklich zählt". Und das sind für die renommierte Theologin "christliche Werte in unserer Gesellschaft".
"Wenn wir über christliche Werte reden, müssen wir auch über die Zehn Gebote sprechen", so Käßmann. Verstöße gegen Nummer fünf, sieben und acht, Mord, Diebstahl und Verleumdung, werden von der Justiz geahndet. "Die Forderung, den Sonntag den Werktagen gleichzumachen, würde nicht nur gegen das dritte Gebot verstoßen. Eine solche Entwicklung wäre fatal, weil niemand mehr zur Ruhe käme", so die Botschafterin der EKD für das Lutherjahr 2017. Das vierte Gebot "Du sollst Vater und Mutter ehren" verweise auf den Respekt, den man nicht nur den Eltern, sondern der gesamten älteren Generation entgegenbringen sollte.
Die Wachstumsideologie mit ihrer Gier nach Besitz mache nicht frei und ein eingängiger Werbeslogan wie "Geiz ist geil" schaffe eine Mentalität, in der etwas Negatives positiv umgedeutet würde, monierte die Gastrednerin. Es sei ein Irrtum, zu glauben, dass Wachstum immer nur mehr Geld, mehr Verbrauch, mehr Konsum bedeute. "All das, was uns wirklich im Leben wichtig ist - Liebe, Glück, Vertrauen, Freundschaft, Familie -, ist eben nicht käuflich", hob die Theologin hervor.
Nächstenliebe stand im Vordergrund
Der wesentlichste christliche Wert, die Nächstenliebe, stehe angesichts der aktuellen Flüchtlingssituation besonders im Blickpunkt. "Die Asylsuchenden sind in Deutschland willkommen, weil wir wollen, dass auch sie in Frieden und Sicherheit leben können und weil sie eine Bereicherung für unsere Gesellschaft sind", betonte Käßmann. Pegida-Demonstranten könnten nicht das christliche Abendland verteidigen, weil sie christliche Werte missachteten. "Begegnung ist für mich das Schlüsselwort, weil ohne diese keine Horizonterweiterung möglich ist", hatte die Ex-Bischöfin in einem Pressegespräch zusammen mit Bereichsleiter Dirk Asbeck zuvor hervorgehoben. Fremdenfeindlichkeit basiere zumeist auf der Angst von Menschen, die dem Fremden noch nicht begegnet seien.
Die Integration der oft traumatisierten Asylsuchenden sei eine Riesenherausforderung, die nicht nur von Hauptamtlichen gestemmt werden könne. "Hier sind wir alle gefragt, unsere individuellen Kompetenzen ehrenamtlich einzusetzen", mahnte Käßmann. Auch wenn die Flüchtlingsfrage natürlich im Focus stehe, dürfe man darüber aber die übrigen Problemfelder wie etwa die Sterbehilfe oder die Pränatale Diagnostik nicht aus den Augen verlieren, forderte sie.
www.general-anzeiger-bonn.de, Artikel vom 09.10.2015
Käßmann liest rund 1.000 Zuhörern die Leviten
Evangelische Theologin fesselt während ihres Gastvortrags beim neuten Raiffeisenforum die Besucher in Windhagen
Windhagen. Als Margot Käßmann ans Podium trat, war das Forum in Windhagen voll. Rund 1000 Besucher kamen am Dienstagabend in die Westerwaldgemeinde zum neunten Raiffeisenforum. „Wenn eine Bank schon eine Ex-Bischöfin als Gastrednerin einlädt, dann denken Sie wahrscheinlich: Jetzt hat die Krise schon biblische Ausmaße erreicht“, sagte Käßmann zu Beginn ihres Vortrags mit dem Thema „Was wirklich zählt – christliche Werte in unserer Gesellschaft“. In einer Stunde ordnete sie nicht nur die Bedeutung der Zehn Gebote für unser modernes Wertesystem ein, sie spannte auch einen Bogen von der Flüchtlingskrise zu ganz individuellen Krisen in unserer Gesellschaft.
In unverblümten Worten stellte Käßmann dar, wie die Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft zu einem Auswahlartikel in der Welt der unbegrenzten Möglichkeiten geworden ist. Viele Kinder würden zu ihrem Bedauern nicht mehr die biblischen Geschichten kennen und hätten keinen Bezug mehr zur Religion. Trotzdem hielt sie fest: „Jeden Sonntag gehen fünf Millionen Menschen in Deutschland in die Kirchen, aber nur 700 000 in ein Bundesligastadion.“ Sie würde sich wünschen, dass die Gläubigen stolzer wären und offensiver dafür einstehen würden, was es bedeutet, Christ zu sein.
Für Käßmann haben die Zehn Gebote eine große Bedeutung für die gelebten Werte unserer Gesellschaft. Im vierten Gebot „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“ sieht sie die Frage, wie mit den alten Menschen umgegangen wird. „Du sollst nicht töten“ umfasst für sie auch das Unterstützen von Krieg, und das Gebot „Du sollst nicht ehebrechen“ könne auch als Ermutigung dafür stehen, Bindungen einzugehen, sich für die Familiengründung zu entscheiden. Nicht zu stehlen und nicht zu lügen, bedeute Vertrauen zu haben – in Menschen und Worte. Und immer zu begehren, mache uns zu konsumfixierten, gierigen Egomanen, die der Gesellschaft mehr schaden als nutzen.
„Woran hängst du dein Herz?“, fragte Margot Käßmann, die sich darüber wunderte, dass jeden Abend vor den Tagesthemen die Entwicklung des Dax bestaunt oder beweint wird, anstatt zu berichten, wie viele Kinder geboren worden sind oder wie viel Ausbildungsstellen angetreten wurden. Wirtschaft, das komme von Oikos, dem griechischen Haus, in dem gewirtschaftet wurde. Doch die Wirtschaft habe sich von der Gesellschaft entfernt. Werte, wie die „Schnäppchenmentalität“ würden nur schaden.
Käßmann legte ihren Zuhörern eine Ethik des „Genughabens“ statt des „Immermehr“ ans Herz. Selbst ein Designer habe in einem Zeitungsinterview auf die Frage, was ein Mensch braucht, geantwortet: „Die Fähigkeit zu lieben.“ Egal, wie viel jemand in seinem Leben leiste, wie viel Gewinn er erwirtschafte, am Ende seines Lebens brauche er jemand, der ihn liebt und für ihn eintritt, wenn er schwach ist. Die Frage, die sich jeder stellen sollte: „Nutzt das, was ich tue, der Gemeinschaft oder nur mir selbst?“ Deshalb solle gerade die ehrenamtliche Arbeit besonders geschätzt werden.
Käßmann verurteilte unter großem Applaus die Spekulanten, die Banken und Staaten in Krisen gestürzt haben: „Es gibt keine gierigen Banken – aber gierige Menschen.“ Durch Waffenexporte werde Deutschland reich, die Quittung werde uns in Form von Flüchtlingen zurück ins Land gespült. Doch auch diese Menschen könnten in ihrer Andersartigkeit eine Bereicherung darstellen.
Die Theologin machte zum Abschluss ihres Vortrags Mut, positiv in die Zukunft zu schauen und auf die errungenen Werte stolz zu sein: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – diese Werte zu schützen und selbstbewusst für sie einzustehen, diese Anforderungen gelte es zu meistern.
RZ Linz, Neuwied vom Donnerstag, 8. Oktober 2015, Seite 11